Donnerstag, 25. Oktober 2012

Quetta to Lahore - via Karachi!?!

 Soda, nach einem bierreichen Abend, der nur am Rande von einer Detonation in der Ferne und gelegentlichen Schusswechseln irgendwo in der Stadt gestört wurde, wollten wir am nächsten Tag also früh wieder raus aus dieser Stadt, und so weit wie möglich in Richtung Lahore kommen.

Die Rechnung haben wir aber ohne den Wirten (=Pozilei) gemacht, die hatten nämlich ganz andere Pläne mit uns!
David und Richi wurden also mit einem der Polizeipickups in die Bürokratiehochburg der Stadt, und in diverse Polizeistationen chauffiert, um einen "NOC-Letter" zu beantragen. Der ist quasi die offizielle Genehmigung, da überhaupt mit dem Motorrad durch Pakistan fahren zu dürfen. Leider wurde uns dieser Zettel aber nicht nach Lahore ausgestellt, sondern nach Karachi. Weil angebliche Überschwemmungen ein passieren der ca. 3 anderen Routen nach Lahore unmöglich machen...  So ziemlich alle Pakistanis mit denen wir geredet haben (auch zahlreiche Polizisten, Motorradfahrer aus Lahore etc...) sahen das zwar anders und hielten den 1000km Umweg für ziemlich schwachsinnig, aber wenn man einmal in den Mühlen der pakistanischen Bürokratie gefangen ist, kommt man da so schnell nicht wieder heraus...

 Die beiden hatten unterwegs aber offensichtlich viel Spaß:

David: Amateur-Anti-Terroist Squad
Gottseidank war da nirgens ein Foto von mir... ;-)

Während sich Richi und David also einen Tag lang die unglaublich langsam mahlenden Mühlen der pakistanischen Verwaltung aus der Nähe ansahen, hingen wir im Hotel herum, und waren sehr gelangweilt, Internet war ja schließlich tot, und das Gelände durften wir nicht verlassen...


Ein zufällig vorbeifahrender Streifenwagen hat dann Steven vorm Hotel in der Sonne sitzen gesehen, und darufhin drei sehr freundliche und nette Polizisten zu unserem Schutz abkommandiert. Die waren wirklich vollkommen unabhängig von den Eskorten, die uns am Vortag hingebracht, oder Richi und David in die Stadt gebracht haben. Und nach ein paar chilligen Stunden im Garten des Hotels und einem Mittagessen haben sie uns dann auch wieder verlassen...


 Jeroem hat inzwischen versucht mit Hilfe des Hotelpersonals eine brauchbare Batterie für seine KTM aufzutreiben, aus unerklärlichen Gründen haben die jedoch zwei Mechaniker bestellt, die sicherheitshalber mal alles demontiert haben, dessen Funktion ihnen unerklärlich war. Bei so einem Hightechteil wie der LC8 Adventure waren dass natürlich entsprechend viele Teile! Erst als sie in der Airbox nach dem Startermotor gesucht haben (warum eigentlich?!?), hat Jeroem sie in ihrem Demontierrausch gestoppt...

Ob die Kiste am nächsten Tag tatsächlich wieder fahrtüchtig ist?

Am nächsten Morgen war dann die Abfahrt für 7 Uhr Früh geplant, die bestellte Eskorte war sogar um 7:05 da, nur Steven schlief zu dem Zeitpunkt noch tief und fest in seinem Zimmer... Super Start in einen Tag, an dem wir über 700km auf pakistanischen Straßen zurücklegen sollten, und zwar großteils eskortiert. Wir hatten wirklich sehr berechtigte Zweifel am Aufgehen dieses Plans! Wenn man bedenkt, dass aufgrund der Eskorten 300km Etappen schon die Grenze des absolut machbaren dargestellt haben...

Um 7:30 waren wir dann tatsächlich aus dem Hotelgelände gefahren, und nach einem schnellen Tankstopp unterwegs in Richtung Karachi.

typischer Händler am Straßenrand...
Anfänglich stellten wir wieder mal die Zurechnungsfähigkeit der pakistanischen Straßenbauer schwer in Frage, sehr oft folgte auf ein kilometerlang asphaltiertes Stück Straße ein einige Meter langes Stück Schotterstraße, so als ob zwischendurch einfach der Asphalt ausgegangen wäre, oder sich unterschiedliche Auftragnehmer sich nicht über das genau Ende ihres Bauloses einig geween wären... Sehr seltsam...

Nichtsdestotrotz kamen wir aber flott voran, viele Abschnitte fuhren wir wenn der Verkehr es zuließ mit 120 km/h einfach durch, und auch die Eskorten bemühten sich, uns so wenig als möglich einzubremsen...

Nur für wirklich außergewöhnliche Fotomotive blieben wir ganz kurz stehen:

Da gibts weit und breit keine Feuerwehr, die irgendwas löschen würde...

Nach Khuzdar wollten wir dem Plan der Bürokraten ein Schnäppchen schlagen, und einfach links eine Abkürzung nach Shadadkot nehmen. Laut den lokalen (wieder mal sehr freundlichen und hilfsbereiten) Polizisten wäre das auch kein Problem, bei der Abzweigung war jedoch auf einmal wieder ein anderer Polizeipickup da, der auf der Einhaltung des urpsünglichen Plans bestand... Also gings mit Volldampf weiter!



Und hier hab ich eine Weile auf David und Richi, die hinter mir waren gewartet. Die haben etwas länger gebraucht, weil sie einen meiner Ersatzreifen, den ich ohne es zu merken verloren hatte, vom Straßenrand aufgeklaubt und auf Davids Motorrad geschnallt haben...

Temperaturen waren nach angenehmen 12° am Morgen am Nachittag bei 40° angelangt, und das stundenlange Dahinprügeln ohne nennenswerte Pause hat wohl ein wenig an unsrer Konzentration genagt...

Nachdem wir bei Karachi ein wenig Zeit (und das letzte sonnenlicht) mit der Suche nach einem Hotel an der Ringstraße vergeudet haben, beschlossen wir doch das im Lonelyplanet empfohlene, und auch im Navi als POI gespeicherte "Beach Luxury Hotel" im Stadtzentrum anzufahren. Blöd, wie wir waren, sind wir einfach der erstbesten, vom Navi vorgeschlagenen Route quer durch die dichtest besiedelte Altstadt gefolgt...

Zu allem Überfluss hat auch Jeroems KTM inmitten des dichtesten Gewühls kurz mal ausgesetzt, die Gelegenheit haben wir dann gleich zum Besorgen kalter Getränke genutzt, viele viele Einehimische waren wieder sehr an uns interessiert, und einer der Passanten hat Steven und mir kleine süß-scharfe Blätterteighäppchen mit den Worten "God bless you!" in die Hand gedrückt...
 
Schön warm wars auch noch immer, und als wir es dann nach gefühlten 37 Stunden im "Mehr Stop als Go"-Verkehr ins Hotel geschafft hatten, waren wir alle etwas fertig mit den Nerven...



Nur Richi, der kranke Perversling findet den Verkehr in Pakistans größter (21 Mio. Einwohner!) Stadt ganz lustig und unterhaltsam...



Später hab ich dann folgende Nachricht aus Lahore erhalten:

"But what were you doing in Lyari area of karachi 2 hours back?? The whole of Lyari is run by criminal gangs. The police and rangers tried to carry out a operation against them 2 months back but could not enter lyari due to extensive retaliation by the gangs. Extensive firing continued for over a week and the operation was finally called off as they could not even enter the area. And you were right in center of Lyari!!!"

- ja, das war genau dort, wo Jeroems KTM kurz gestreikt hat... Warum gibts in Navis eigentlich keine Option "Avoid gang controlled areas"?!? Naja, nochmal Schwein gehabt...

Und das war dann the Hotel:

Bei Nacht...
Bei Tag...
Bei Dämmerung...
Eigentlich wars dort ganz nett, wenn auch für unsere Verhältnisse etwas teuer, und der Zimmerservice war eher von der Zufallsgerator-Sorte...

Nachdem wir einen Tag dort genutzt hab, um uns über die Möglichkeiten mit dem Zug oder einem LKW bequem und strapazenlos nach Lahore zu kommen genutzt haben, und festgestellt haben, dass es wohl ein ziemlicher Alptraum mit unklarem Ausgang wäre, beschlossen wir am nächsten Tag auf der Straße nach Lahore zu fahren...

Beider Kontrolle sämtlicher Schrauben an unseren Kathis fiel Richi dann auf, dass er einen der Umlenkebel an seinem Federbein wohl falsch rum wieder zusammengebaut hat... Wie er's geschafft hat, das arme Ding vollkommen verspannt da reinzuwürgen wird mir wohl für immer ein Rätsel bleiben, bis jetzt hält das arme, schwer in Mitleidenschaft gezogene Teil aber noch. Sobald wir in KTM-Reichweite sind, werden wir das Teil aber austauschen...


Jeroem ließen wir in Karachi zurück, ein lokaler "BigBike"-Spezialist hatte nämlich versprochen, am nächsten Tag mit einer richtigen, passenden Batterie für seine LC8 Adventure aufzutauchen. (Die wie wir mittlerweile wissen, wie so vieles in Pakistan, nie auftauchte...)

In Sukkur durften wir die Bikes dann erstmals im Hotelvorraum parken:


Internet und Bier gabs auch, also waren wir happy... ;-)


Nur die Bestellung beim benachbarten Pizzaladen wurde pakistanitypisch wieder mal komplett verzufallsgeneriert, von drei bestellten Pizzen entsprachen drei nicht der Bestellung...

Aussicht vom Hoteldach...

Am nächsten Tag blieben Richi und ich dann wieder mal am Straßenrand stehen, um auf David und Steven zu warten. Dabei entdeckte Richi zufällig, dass seine vor der Vorbereitungstour schnell behelfsmäßig zusammengeschusterte Kofferhalterung links wohl bei einem der zahlreichen Schlaglöcher den Geist aufgegeben hat... Mithilfe des mitgeführten Stahlseiles konnte das aber unter den neugierigen Augen der freundlichen und hilfsbereiten Lokalbevölkerung behelfsmäßig repariert werden. Irgendwie machten sie zum Teil einen richtig enttäuschten Eindruck, dass sie nicht helfen durften... *gg*


Viiiieeeel sehr grüne Gegend dort...

Und dieser KKW (Kamelkraftwagen) blieb extra stehen, damit wir in Ruhe ein Foto von ihm schießen können... ;-) Wirklich sehr nette und herzliche Leute, die Pakistanis! ;-)


Wann immer wir in einem der Dörfer stehenblieben um mal schnell ein paar Getränke oder Kekse oder sonstwas zu kaufen, scharte sich in Kürze das halbe, höchstinteressierte Dorf um uns und löcherte uns mit Fragen auf gebrochenem Englisch:


Die Fahrerei von Karachi nach Lahore war allerdings alles andere als spaßig, großteils war recht viel Verkehr unterwegs, und davon sehr viel Schwerverkehr. Vor allem die extremen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Verkehrsteilnehmern sorgen immer wieder für spannende Situationen, LKWs fahren dort oft kaum schneller als 40 km/h, Radfahrer, Esels-, Kamel- und Pferdefuhrwerke noch langsamer, lokale Autofahrer waren oft noch schneller unterwegs als wir, und sowas wie ein Linksfahrgebot beim Linksverkehr hat sich dort auch noch nicht wirklich durchgesetzt. Gefahren wird nach Lust und Laune wo man gerade will, und wenn man sich für keine der beiden Spuren entscheiden kann, fährt man auch gerne mal ein Weilchen in der Mitte der Fahrbahn. Wenn wo vor einem Schlaglöcher auftauchen, kann man als LKW-Fahrer schon auch mal schnell einen unangekündigten Spurwechsel vornehmen, ganz ohne dabei auf den restlichen Verkehr Rücksicht nehmen zu müssen. Schließlich ist man ja das größte und stärkste Fahrzeug, man hat also immer Vorrang!
Spannend auch immer wieder die Situation bei Ortsdurchfahrten, an einem Tag auf pakistanischen Straßen sieht man mehr Selbstmordversuche als der durchschnittliche Psychiater in seinem ganzen Leben! Viele Leute fordern ihr Schicksal wirklich heraus indem sie zuerst mal 1-2 Meter auf die Fahrbahn rausgehen, und dort dann erst stehen bleiben um die Straße auf eventuell ankommenden Verkehr zu überprüfen... Nachdems in Ortsgebieten keine festen Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt, sondern typisch pakistanisch ein schwammiges "Population area ahead, reduce speed" Schild bei Ortsanfängen steht, oder auch nicht, bremst dort natürlich kaum wer wirklich...
Weiters noch erwähnenswert ist der teilweise wirklich perverse Schadstoffausstoß der Fahrzeuge, an den beiden Tagen von Karachi nach Okara haben wir garantiert mehr Dieselrußpartikel und Feinstaub eingeatmet, als der durchschnittliche Feinstaubpanikmacher bei uns in Europa sein ganzes Leben lang überhaupt sieht... Und hier gibts es viiiieeeeleviele Leute, die direkt an der Straße wohnen...
Und um die ganze Sache noch ein klein wenig spannender zu machen, ist die Straßenoberfläche spiegelglatt, und mit einer schönen Schicht Polierpaste aus Staub und Diesel überzogen!

Gripniveau noch unter dem der türkischen Straßen...

wenigstens spiegelts beim Sonnenuntergang schön...

Aufgrund eines schweren Unfalls in einem Dorf vor Okara, war der "Highway" blockiert, und wir mussten eine zweitfressende Umfahrung duch die Felder der Umgebung machen, sodaß wir erst nach Einbruch der Dunkelheit in unserem Tagesziel ankamen. Dort hatte dann auch erst das dritte angefragte Hotel freie Zimmer, warum diese frei waren, wurde uns klar, als wir diese sahen:







Im Erdgeschoß des "Hotels" gabs ein Internetcafe, in dem wir unsere Motorräder parken durften. Aufgrund des Internetcafes waren entsprechend viele junge Pakis vor Ort, die dann wohl auch noch alle ihre Freunde angerufen haben, sodaß wir in kürzester Zeit von einer neugierigen Meute umgeben waren:


In der Mitte des Haufens, der mit dem schwarzen T-Shirt, bin ich...
Die Jungs waren wirklich alle sehr freundlich und hatten sichtlich die größte Freude mit uns als Abwechslung in ihrem Alltag! Nachdem der Ansturm aber gar kein Ende nahm, und der Spaßfaktor spätestens beim 17. Versuch den Unterschied zwischen Australia und Austria zu erklären gegen Null geht, haben wir uns dann früh in unsere zimmer zurückgezogen, und erstmals unseren Schlafsäcken den Vorzug gegenüber den vorhandenen Bettlaken gegeben...


Im Hinterzimmer hatten sie dieses spannende Möbelstück voller Satellitenreceiver, was die Jungs hier genau gemacht haben, und ob die Sache so 100%ig legal war würd ich mich nicht zu Wetten trauen...


Vorm schlafen gehen noch schnell ein Foto vom Dach des Hotels aus geschossen:

Okara by night

Okara in the morning...

Ready for take off!

Ein Stückchen vor Lahore sind wir dann stehen geblieben, um Bye-Bye zu David und Steven zu sagen. Die beiden fuhren nämlich geradewegs zur i8ndischen Grenze, während wir in Lahore zu Sikander Pasha, einem über das Reisenetzwerk HorizonsUnlimited kennegelernten Pakistani fuhren...

Goodbye Riding-Mates!

Wie sehr gut es uns dort dann ergangen ist, erzähl ich aber später... ;-)

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