Montag, 15. Oktober 2012

Tehran - eine Großstadt wie jede andere auch?

Wir bleiben also ca. 100km vor Tehran, bei einsetzender Dunkelheit stehen, und beratschlagen unser weiteres Vorgehen.

Fürs Weiterfahren spricht, dass ich in Tehran die Koordinaten eines brauchbaren Hotels mit privatem Parkplatz habe. Campieren ist aufgrund des vollkommen durchtränkten Zustands unserer gesamten Ausrüstung definitiv keine Option, und darauf irgendwo unterwegs im Dunkeln in vollkommen unbekannter Umgebung ein Hotel zu suchen, haben wir auch keinen Bock. Die Straße war in sehr gutem Zustand, und es war wirklich sehr viel Verkehr unterwegs, sodass eigentlich  immer der komplette Straßenverlauf von zahlreichen Scheinwerfern ausgeleuchtet war. Außerdem waren unsere Visire und Scheinwerfergläser dank des vielenvielen Regens im Norden sauber wie nie zuvor, und das schon seit längerem bestehende Problem des wackelkontaktigen Rücklichts an Richis Kathi lösten wir elegant mit dem Rotlichtmodus meiner Stirnlampe.

Also ging es guten Mutes los in Richtung Tehran! In den zahlreichen Tunnels ließ ich immer wieder mal meinen Sebring zu meiner (und der zahlreichen Iraner in Autos) Unterhaltung ein wenig schreien, und bis auf die immer noch nassen Füße wars eigentlich eine recht angenehme zwei Stunden Nachtfahrt nach Tehran.



Trotz der verzweifelten Versuche meines Navis mich gegen viele der zahlreichen Einbahnen zu führen, haben wirs dann tatsächlich noch zu christlicher (Verzeihung, islamischer) Uhrzeit zum Hotel geschafft, und waren heilfroh endlich aus unseren durchweichten Klamotten rauszukommen um eine heiße Dusche zu genießen...

Am nächsten Tag mussten wir dann der grausamen Feuchtigkeit ins Auge sehen:

Zelt: patschnass...
zahlreiche Tierchen des Waldes haben in unserem Zelt Schutz vor dem Regen gesucht...

Auch dieser pelzige Kerl hier, ob aus ihm wohl noch ein Schmetterling geworden ist?
Auch sonst blieb kaum was trocken, es war aber interessant mal wieder alles auszupacken um zu sehen, was wir denn da alles so mit haben... *g*



So sah das Hotel übrigens vom Hinterhof gesehen aus
Die Vorderseite ist etwas einladender!
















Das Hotelmanagement hat uns übrigens sehr bei der Aufarbeitung der Sauerei unterstützt, uns Beserl usw. zur Verfügung gestellt, und sich auch ansonsten bestens um unser Wohlergehen gekümmert!














Viele mühsame Stunden des Putzens, Ttrocknens und Zeltnähens später, machten wir uns dann auf den Weg zur KTM-Werkstadt in Tehran, dachten wir zumindest zu dem Zeitpunkt. Die Zuhause extra eingespeicherten Koordinaten waren nämlich irgendwo, mitten in einem Wohngebiet. Also mal schnell unseren Kontakt dort angerufen, und nach der richtigen Adresse gefragt. Die kannte das Navi natürlich nicht, unsere Versuche einen Taxifahrer dazuzubringen, vorauszufahren scheiterten auch, und so fragten wir schließlich den erstbesten Passanten um Hilfe. Der verstand zwar auch kein Wort Englisch, kritzelte uns dafür aber eine Skizze mit Beschriftung auf Farsi auf ein Stück Papier, mit der wir dann auch los fuhren.

Hab ich eigentlich schon mal erwähnt, dass Tehran eine 14 Millionen Metropole ist, die Stadt daher entsprechend groß, und der Verkehr, sagen wir mal eher "südländisch liberal" abläuft? Mal schell von A nach B fahren spielt es in der Stadt definitiv nicht, also standen wir schon wenige Kreuzungen später wieder etwas ratlos umher. Wie schon oft zuvor, wurden wir wieder mal von einem der lokalen "Motorradfahrer" angesprochen, wo wir denn her sind, und wo wir hinwollen usw. Dass wir beim "wohin" wieder mal Hilfe benötigen, hat der clevere Kerl gleich überissen, und dann nach kurzem Blick auf die Skizze überzeugt "Ok, let's go!" gesagt. Wir sind ihm dann quer durch die Stadt im dichtesten, vorstellbaren Verkehr gefolgt, und so ca. 45 Minuten später waren wir dann auch am Ziel. Dass die Sache 45 Minuten gedauert hat, lag aber definitiv nicht an unserem Führer, der war nämlich hauptberuflich Motorradkurier, die Stadt ist einfach wirklich so verdammt groß und chaotisch!

Und hier ist unser Hero of Tehran, ohne ihn würden wir vermutlich heute noch nach der Werkstatt suchen...


Dort haben wir den beiden KTM Jungs also gesagt, was wir denn gerne alles gemacht hätten, noch ein wenig gebrochen Benzingeredet, und wurden anschließend von ihnen auf zwei 125er Dukes standesgemäß gegen die Einbahn zur nächsten Pizzeria chauffiert, die Jungs machten sich dann an die Arbeit während wir dieses Festmahl genossen:

Pizza mit Ketchup & Pommes, yippie!
Herziges Detail am Rande:

Shaun the Sheep Servietten!

Sanitäres Detail am Rande:

Im Sitzen, oder im hocken? You decide!

Etwas später kam dann noch Achmed vorbei, ein extremst netter Kerl aus dem Südiran, den wir am Vorabend noch in der Hotellobby kennengelernt haben.

Meet Achmed:


Mit ihm sind wir dann noch ein wenig durch die Stadt gebummelt, und haben dabei wieder das eine oder andere interessante Detail entdeckt:

BMW Lifan, komisch, kenn ich gar nicht das Modell...
Kunst in U-Bahnstationen
Dient tatsächlich der Sicherheit der Frauen! Männer sind dort nicht erlaubt, Frauen in "Männerwaggons" hingegen schon...

Sogar angbissenes Fallobst gibts zu kaufen...

Flugtickets gibts offenbar hauptsächlich von bankrotten Fluglinien...

Diversen orientalischen Klimbim gibts natürlich auch häufig...
Zum Abschluss des Abends gingen wir dann noch in dieses traditionelle iranische Wirtshaus:



Tranken das dort übliche Placebo-Fruchtbier...


...und schlürften ein Tässchen Tee zu einer Wasserpfeife. Gmiatlich! ;-)

Des war übrigens der Empfangspapagei in unserem Hotel, a lustiger Kerl, wenn auch vermutlich a bissi depressiv in seinem kleinen Käfig. Sämtliche Versuche ihm a paar Brocken steirisch beizubringen scheiterten leider... :-(


Am zweiten Tag in Theran gings dann mit Achmed, unserem neuen Freund, in den etwas ruhigeren Norden der Stadt.

Das ist übrigens der Iman Khomeni Platz, wenn ich mich richtig erinnere....


Auch in Taxis lassen sich spannende Detaillösungen finden!




Unterwegs hab ich mir dann dieses spannende Safterl gekauft, war wohl so ne Art picksüßes Feigenwasser mit Feigenkörndln drinnen... ;-)












Man beachte das H&M Loge rechts unten!


Und auch im Iran gibts Shoppingcenter!
 Dort findet man wirklich so ziemlich alles, was es bei uns auch gibt, von Adidas über D&G und Rolex bis zu Ermenegilda Zegna wird dem solventen Käufer alles geboten!

Interessant sehr oft der Umgang mit den Kleidungsvorschriften:

Man beachte vor allem die Kopftücher vor dem Gesicht... *g*

Da seit der Türkei der Anteil kopftuchtragender Frauen von West nach Ost kontinuierlich zugenommen hat, war es für uns nichts besonderes als im Iran schließlich alle Frauen ihr Haupthaar verhüllten. Etwas männlich dominiert ungerecht ausgelegt wird die Sache miener Meinung nach aber schon: Wenn ein Mann ein viel zu kleines, neonrosa  gefärbtes Shirt zu knallengen Jeans und langen Haaren über einem alles andere als durchtrainierten Körper trägt ist das offenbar ok, wenn eine Frau das selbe Outfit anhat wird sie vermutlich bei nächster Gelegenheit mit zahreichen Peitschenhieben dafür bestraft...

Um ihre Schönheit zum Ausdruck zu bringen bleibt der iranischen Frau also nur das Gesicht, und das wird daher umso dicker mit Schminke zugekleistert! Die durchschnittliche tehranische Frau trägt sicher doppelt soviel Makeup als die durchschnnittliche österreichische Tussi, und Schönheits-OPs wie Nasenkorrekturen sind eher die Regel als die Ausnahme... Komisch irgendwie die Gesamtsituation...

 Ich hab übrigens seit neuestem ein neues Karriereziel: Motorrad-Feuerwehrmann mit der Lizenz zum Rasen!
 

Hmmm, ob dieses Restaurant die hier unvermeidlich auftauchenden Assoziationen mit Absicht hervorruft?



Wir sind dann also nach zigfachem Wechsel der Verkehrsmittel (Tehran ist so groß, dass kein Taxi einen von einem Ende zu anderen bringt, alle betreuen quasi nur gewisse Bereiche, und dazwischen muss man umsteigen! Damits net fad wird haben wir zwischendurch auch gelegentlich mal ein Stücken Busfahrt eingebaut... *g*) im Norden angekommen, und schlendern ein enges, mit Restaurants zugeplastertes Tal mit Bächlein hinauf.
Irgendwo hier hoffen wir ein brauchbares Mittagessen aufzutreiben.



 Die Suche erweist sich trotz Achmed als Übersetzer als relativ schwierig. Irgendwie will uns jeder seine Variation des Schaschlik Spießchens andrehen. Auf den Vorschlag, uns doch einfach ein wenig Gemüse zu grillen, und das dann mit Reis zu servieren, bekommen wir "But just Rice and Vegetables, that's not healthy!" als Antwort...
Hmmmm, deswegen habe ich wohl noch nie was von erfolgreichen iranischen Ernährungsgurus gehört...





 Unglaublich wieder mal der Verschmutzungsgrad:


Echt überall wo sich viele Menschen befinden, wird alles gnadenlos zugemüllt... We live on a Plastic Planet! :-/

Das Zeugs war wohl so eine Art iranischer, traditioneller Fruchtgummi. Wir haben uns da aber doch nicht drüber getraut, wer weis, vielleicht bauen die fleischverrückten Iraner da Kuhleber als Farbstoff ein oder wasweisichwas...





In einem der Souvenierläden stand ein Predator in lebensgröße herum, das ist jetzt nur für den Phillip, den alten SciFi Junkie!




Und unsere erste richtig prächtige Moschee haben wir hier auch gesehen!


Zwei coole Jungs warten auf den Bus...
 Das ist übrigens der Busfahrplan, wenn ich das richtig verstanden hab. Ohne Achmed hätten wir echt genau Null Chance gehabt die öffentlichen Verkerhsmittel zu nutzen...

Auch sonst hat er uns sehr geholfen die vielen kleinen Besonderheiten der iranischen Kultur zu verstehen, wir haben zB nie verstanden warum die Leute wenns ums Geld ging mit zB 5.000 immer 50.000 gemeint haben: Weil sämtliche Rialpreise solch lächerlich große Summen sind, wird im Alltagsgebrauch quasi die alte Währung Toman benutzt. Und 10 Rial sind ein Toman, daher die Unterschiede. Ganz durchdacht ist die Sache jedoch nicht, sehr oft komt es auch unter Iranern zu Missverständnissen, weil Preise teils in Rial, teils in Toman angegeben sind...
Da lob ich mir doch unseren stabilen, krisenfesten Euro! *chrchrchr*


Tehran Traffic...

 Zurück bei KTM waren Reza und Babak gerade dabei unsere Kisten fertig zu machen:

Bike Love!
 Die Kiste parkte auch vor dem kleinen Laden:


Wie kann man ein Motorrad nur so lackieren?!? Und vor allem: WER KAUFT SOWAS?!? Homosexualität ist im Iran ja offiziell verboten, sollten dann nicht auch offenischtlich schwuchtelige Motorräder illegal sein?!?

Und das waren die großartigen Jungs, die unser Öl & Filter gewechselt haben, das Loch in meiner Motorradhose nähen ließen, unsere Motorradklamotten reinigen ließen, Richis Wackelkontakrücklicht instand gesetzt, eine gebrochene Scharube an meinem Kofferträger getauscht sowie die Luftfilter gereinigt und neu geölt haben. Aja, und zwei Sätze Vee-Rubber Reifen zu je 65,- (pro Satz, nicht pro Reifen! ;-) ) haben wir ihnen auch abgekauft...

Babak (li) und Reza (re)

Die Reifen sind übrigens heute noch unbenutzt, die Pirelli Scorpion MT 90 halten jetzt schon über 11.000 km, und sind sicher für weitere 3.000-5.000 km gut. Komisch, auf meinen Straßenmotorrädern haben selbst Tourenschwuchtelreifen nie mehr als 5.000km überlebt... *gg*




Auf der Suche nach Abendessen, haben wir dann wieder eine hübsche Moschee entdeckt:


 Und diesen Konditormeister, der offensichtlich sehr stolz auf seine Tierkopftorten ward... *gg*

Echt ein weiterer extrem netter, lustiger Iraner der uns "Westler" sehr offen und freundlich aufnahm!




Zum 20-jährigen Jubiläum des von den USA angezettelten Iran-Irak Krieges gabs allerorts Gedenkveranstaltungenn, bei denen ein wenig Propaganda, Führervererhung und Waffenschau natürlich nicht fehlen durften!


Eigentlich wollten wir in dem kleinen Laden nur ein Päckchen Fruchtsaft kaufen, dieser gaaaaaaaaaanz leicht verrückte Kerl, der sich für einen direkten Nachfahren von Jesus Christus ausgab, und uns das baldige Kommen eines neuen Königreiches ankündigte, hat uns aber doch ein Weilchen aufgehalten... *gg*
  Am nächsten Tag haben wir dann noch selbst an Richis Kathi das Ventilspiel kontrolliert, anfangs hats unsein wenig gefuchst, aber es hat dann eh alles gepasst! :-) Braaaaaaaaaaave Kathi! ;-)

Wo unser Hotel den freundlicherweise zur Verfügung gestellten Efes Sonnenschirm her hat haben wir uns dann aber doch gefragt, Bier gibts im Iran ja offiziell keines... *g*



Rücklicht gefällig?


Unser Hotel war glücklicherweise im "Autozubehörviertel", und in eben diesem machte ich mich auf die Suche nach einem 11er Schraubenschlüssel, zum Entlüften der Bremssättel ist nämlich diese etwas exotische Größe (die wir natürlich nicht mit hatten) vonnöten...

Oder eine neue Batterie?
Oder eventuell neue Reifen?



Nach erfolgreichem Schraubenschlüsselshopping machten wir uns dann auf den Weg aus Tehran hinaus, in Richtung Esfahan. Die mich permanent gegen sämtliche Einbahnstraßen lotsende Routingfunktion des Navis ignorierend kämpften wir uns dann relativ erfolgreich aus Tehran heraus, indem ich einfach immer nur nach Himmelsrichtung navigierte. Einfach immer nach Süden fahren, und wenn das nicht geht, dann in Richtung Westen. *g* - Das hat uns tatsächlich auf die Richtige Autobahn gebracht! ;-)

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